Author
Listed:
- Hammermann, Andrea
- Stettes, Oliver
Abstract
Im Koalitionsvertrag der 21. Legislaturperiode planen die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD mehr Flexibilität bei der Gestaltung von Arbeitszeiten im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie. Dabei geht es mit dem geplanten Wechsel von einer Tages- hin zur Wochenhöchstarbeitszeit nicht um eine Ausweitung und damit den Eingriff in vertragliche und tarifliche Arbeitszeiten, sondern um die Erweiterung des zeitlichen Rahmens, innerhalb dessen die wöchentliche Arbeitszeit im gegenseitigen Einvernehmen verteilt werden kann. Obwohl sich der Wandel hin zu flexiblerer Arbeitszeitgestaltung bereits seit Längerem in der Praxis vollzieht, waren die vorherigen beiden Regierungen trotz geäußertem Reformwillen letztlich mit pauschalem Verweis auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz zu zögerlich, um das Arbeitszeitgesetz anzupassen. Die Analyse basiert auf den Daten der Arbeitszeiterhebungen 2017, 2019 und 2021 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin und zeigt, dass für Bürobeschäftigte Flexibilisierungsspielräume bei Ruhezeiten und täglicher Höchstarbeitszeit existieren, ohne zusätzliche gesundheitliche Risiken hervorzurufen. Bislang sind nur bei einem kleinen Anteil der Beschäftigten kürzere Ruhezeiten und sehr lange tägliche Arbeitszeiten zu beobachten. Beim Gros der Beschäftigten, 2021 sind dies 86 Prozent (2017: 85 Prozent, 2019: 83 Prozent), liegen zwischen dem Ende und erneuten Beginn ihrer Arbeit elf Stunden und mehr. Ein Trend zu häufigeren Ruhezeitverkürzungen lässt sich nicht erkennen. Für nahezu die Hälfte der Bürobeschäftigten mit verkürzten Ruhezeiten kommt dies nur maximal einmal im Monat vor. Eine tägliche Arbeitszeit, die mehr als zehn Stunden beträgt, betraf 2021 gerade einmal knapp 7 Prozent der Bürobeschäftigten (2017: 7 Prozent, 2019: 6 Prozent). Die tägliche Arbeitszeit wird näherungsweise über den Zeitraum zwischen Beginn und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit bestimmt, abzüglich einer angenommenen pauschalen Pausenzeit. Verkürzte Ruhezeiten stehen einerseits in einem signifikanten Zusammenhang mit beruflichen Anforderungen wie Erreichbarkeitserwartungen und Termin- und Leistungsdruck. Andererseits korrelieren sie auch mit Betreuungspflichten der Beschäftigten beziehungsweise Arbeitszeitunterbrechungen, um private Angelegenheiten zu erledigen. Sehr lange Tagesarbeitszeiten weisen Beschäftigte unter anderem dann auf, wenn die Dauer der Tagesarbeitszeit und die Anzahl der Arbeitstage pro Woche schwanken. Für das jüngste verfügbare Erhebungsjahr 2021 sind bei sehr langen Tagesarbeitszeiten keine systematischen negativen Auffälligkeiten im Arbeitserleben (z. B. mit Blick auf die Arbeitszufriedenheit, Erschöpfung oder Arbeitsfähigkeit) von Bürobeschäftigten zu beobachten. Das gilt auch für Ruhezeitverkürzungen, die mit einer privat motivierten Unterbrechung der beruflichen Tätigkeiten im Laufe des regulären Arbeitstages und dem abendlichen Nachholen der Arbeit einhergehen. Die Längsschnittanalyse signalisiert zudem, dass die Ausweitung der täglichen Arbeitszeit auf potenziell mehr als zehn Stunden und häufigere verkürzte Ruhezeiten sich nicht negativ auf den selbst eingeschätzten allgemeinen Gesundheitszustand der Bürobeschäftigten oder die Anzahl ihrer krankheitsbedingten Ausfalltage auswirkt. Die empirischen Auswertungen weisen allerdings auch auf die besondere Bedeutung der Arbeitskultur hin. Dabei sind zum einen die Führungskräfte in der Verantwortung, einem Gefühl permanenter Erreichbarkeitsanforderung entgegenzuwirken. Aber auch die Beschäftigten sind mitverantwortlich für einen gesundheitsbewussten und effizienten Umgang mit ihren eigenen zeitlichen Ressourcen sowie denen der anderen Teammitglieder.
Suggested Citation
Download full text from publisher
More about this item
JEL classification:
- J22 - Labor and Demographic Economics - - Demand and Supply of Labor - - - Time Allocation and Labor Supply
- J28 - Labor and Demographic Economics - - Demand and Supply of Labor - - - Safety; Job Satisfaction; Related Public Policy
- J88 - Labor and Demographic Economics - - Labor Standards - - - Public Policy
Statistics
Access and download statistics
Corrections
All material on this site has been provided by the respective publishers and authors. You can help correct errors and omissions. When requesting a correction, please mention this item's handle: RePEc:zbw:iwkrep:319653. See general information about how to correct material in RePEc.
If you have authored this item and are not yet registered with RePEc, we encourage you to do it here. This allows to link your profile to this item. It also allows you to accept potential citations to this item that we are uncertain about.
We have no bibliographic references for this item. You can help adding them by using this form .
If you know of missing items citing this one, you can help us creating those links by adding the relevant references in the same way as above, for each refering item. If you are a registered author of this item, you may also want to check the "citations" tab in your RePEc Author Service profile, as there may be some citations waiting for confirmation.
For technical questions regarding this item, or to correct its authors, title, abstract, bibliographic or download information, contact: ZBW - Leibniz Information Centre for Economics (email available below). General contact details of provider: https://edirc.repec.org/data/iwkolde.html .
Please note that corrections may take a couple of weeks to filter through
the various RePEc services.