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Rot-grüne Gesundheitspolitik: Eine Zwischenbilanz

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  • Gerlinger, Thomas

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Die konservativ-liberale Bundesregierung hatte seit der ersten Hälfte der 90er Jahre darauf gesetzt, die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung durch neue finanzielle Anreize für die Individualakteure im Gesundheitswesen (Krankenkassen, Ärzte, Krankenhäuser, Pati-enten) zu begrenzen. Zu den einschlägigen Steuerungsinstrumenten zählten die Verschärfung des Kassenwettbewerbs durch die Einführung der freien Kassenwahl, die durch die Ausrich-tung des Vergütungssystems auf Budgets und Pauschalen herbeigeführte Verlagerung des Morbiditätsrisikos auf die Leistungserbringer sowie eine durchgreifende Privatisierung von Krankenbehandlungskosten. Rot-grüne Gesundheitspolitik weist im Verhältnis zur Politik der konservativ-liberalen Koali-tion sowohl Kontinuitätselemente als auch neue Akzente auf. Sie hielt am Kassenwettbewerb sowie an Budgets und Pauschalen fest, machte aber einen erheblichen Teil der kurz zuvor ge-troffenen Maßnahmen zur Kostenprivatisierung rückgängig. Statt dessen legte sie ein stärke-res Gewicht auf die Reform von Versorgungsstrukturen. Hervorzuheben sind insbesondere die Bemühungen um die Integration von ambulanter und stationärer Versorgung und um die Stärkung der hausärztlichen Versorgung sowie die finanzielle Unterstützung für die Einfüh-rung strukturierter Behandlungsprogramme für chronisch Kranke. Darüber hinaus wies sie den Krankenkassen erneut Kompetenzen bei der Primärprävention und Gesundheitsförderung zu. Ziel und Leitbild rot-grüner Gesundheitspolitik war es, mit Hilfe von Reformen der Ver-sorgungsstrukturen und Vertragsbeziehungen Wirtschaftlichkeitspotentiale zu erschließen, die es gestatten sollen, das Ziel der Beitragssatzstabilität und das Festhalten an einem einheit-lichen, alles medizinisch Notwendige umfassenden GKV-Leistungskatalog miteinander zu verknüpfen. Allerdings haben sich die skizzierten Reformen bisher kaum im Versorgungsalltag niederge-schlagen. Die Implementationsprobleme sind nicht einfach nur auf die Macht der Verbände im Gesundheitswesen zurückzuführen, sondern - so die hier vertretene These - vor allem auf eine Inkompatibilität von Steuerungszielen und Steuerungsinstrumenten. Insbesondere die Anreize des Kassenwettbewerbs und die sektorale Budgetierung der GKV-Ausgaben erwie-sen sich als Hindernisse für die Implementation wünschenswerter Innovationen in der Ver-sorgungs- und Präventionspolitik. Bisher hat Rot-Grün an den gewachsenen Grundsätzen einer solidarischen Krankenversiche-rung festgehalten und eine weitergehende Privatisierung von Krankenbehandlungskosten ab-gelehnt. Darin besteht der markanteste Unterschied zur Gesundheitspolitik der konservativ-li-beralen Regierungskoalition. Die wieder verstärkt geführte Debatte um die Krise der sozialen Sicherungssysteme deutet allerdings darauf hin, dass diese Prinzipien doch wieder zur Dispo-sition gestellt werden könnten.

Suggested Citation

  • Gerlinger, Thomas, 2002. "Rot-grüne Gesundheitspolitik: Eine Zwischenbilanz," Discussion Papers, Research Group Public Health P 02-205, WZB Berlin Social Science Center.
  • Handle: RePEc:zbw:wzbhea:p02205
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