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Kann eine Marktbeobachtungsstelle den EU-Milchmarkt effizient regulieren?

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  • Weber, Sascha A.
  • Hansen, Heiko

Abstract

Zusammenfassung Vor dem Hintergrund des Auslaufens der EU-Milchquote im April 2015 haben der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e. V. (BDM) bzw. das European Milk Boards (EMB) einen Vorschlag zur zukünftigen Milchmarktsteuerung vorgelegt. Zentrales Element dieses Vorschlags ist eine Markt-beobachtungsstelle, die den Milchmarkt einerseits permanent beobachtet und Entwicklungen analysiert. Andererseits soll im Krisenfall zusätzlich ein sogenanntes Marktverantwortungspro-gramm in Kraft treten. Marktanpassungen sollen sowohl in ihrer Anzahl als auch in ihrer Höhe flexibel in Abhängigkeit zur Marktlage vorgenommen werden. Auf Basis ermittelter Kosten der Milcherzeugung wird ein Zielpreiskorridor definiert, in welchem sich der durchschnittliche europäische Milcherzeugerpreis bewegen soll. Dieses System setzt voraus, dass eine Basismenge und sogenannte Lieferrechte eingeführt werden. Die Lieferrechte sollen je nach Marktlage in Höhe von 3 bis 5 % der beste-henden (Basis-) Lieferrechte erteilt oder entzogen werden. Als zusätzliche Interventionsmaßnah-men soll eine freiwillige Mengenstilllegung gegen Vergütung im Ausschreibungs- oder Bieterver-fahren sowie eine strategische Lagerhaltung implementiert werden. Die Kosten für die Instru-mente sollen aus einem Marktregulierungsfond12 gedeckt werden. Ferner müsse als Vorausset-zung für das Funktionieren dieses Systems der derzeit gültige Außenschutz der EU auf Basis der Uruguay-Runde13 beibehalten werden (Fink-Keßler A 2013). Der Vorschlag des BDM bzw. des EMB, eine Marktbeobachtungsstelle auf europäischer Ebene einzurichten, die auch eine Marktsteuerung vornimmt, ist aus folgenden Gründen abzulehnen: • Der Vorschlag stellt aus theoretischer Sicht nicht nur eine Fortführung des bestehenden EU-Quotenregimes dar, sondern auch eine deutliche Komplizierung. Neu eingeführt wür-den eine gewisse Flexibilisierung des Rohmilchangebots (Lieferrechte), eine freiwillige Mengenstilllegung und ein Zielpreiskorridor auf Basis der Milcherzeugungskosten. Dabei ist die Berechnungsmethode der Erzeugungskosten (MilchMarkerIndex) nicht unumstrit-ten (Dorfner G 2013, S. 98 f., Martinsohn M, Lassen B 2013). • Grundsätzlich gelten dieselben ordnungspolitischen Bedenken wie beim bestehenden Quotensystem (vgl. Koester U 1992, S. 293 ff., Wöhlken E 1991, S. 160): o Die individuelle Entscheidungsfreiheit von Erzeugern wird beschränkt. o Der Marktzugang neuer Erzeuger wird erschwert. o Rückwirkungen auf andere Agrargütermärkte sind wahrscheinlich. o Die Gesamtwohlfahrtseffekte sind negativ (v. a. Verbraucher). 12 Erzeuger sollen im Umlageverfahren (pro Kilogramm Milch) einzahlen und es könne eine Kofinanzierung durch die EU erfolgen (Fink-Keßler A 2013).Der Strukturwandel wird gehemmt und eine effiziente Ressourcenallokation kann nicht stattfinden. o Der Sektor ist nicht effizient. o Abkopplung des inländischen Sektors vom Weltmarkt. o Aufwendige Administration mit zusätzlichen Kosten. • Die gewünschte preisstabilisierende Wirkung des Vorschlags kann in Frage gestellt wer-den. Tatsächlich müssten wesentlich mehr als die vorgeschlagenen 1-2 % der EU-Rohmilchmenge von Markt genommen werden, damit eine „Preisstabilisierung“ eintritt. Dies liegt sowohl an der Elastizität des Rohmilchangebots als auch an der Elastizität der Verbrauchernachfrage sowie der Elastizität des Importangebots. • Eine Umsetzung des Vorschlags der Allgemeinverbindlichkeit der Entscheidungen einer Marktbeobachtungsstelle kann juristisch unbedenklich nur umgesetzt werden, wenn die-se im staatlichen Auftrag operiert. Eine privatwirtschaftliche Lösung würde z. B. in Deutschland am Wettbewerbs- bzw. Kartellrecht scheitern. • Die EU-28 ist im Hinblick auf die Struktur der Erzeugerbetriebe, der Milchverarbeiter und der Absatzmärkte sehr heterogen. Daher haben die genannten „Milchkrisen“ je nach Re-gion auch unterschiedliche Effekte auf die Marktakteure. Eine allgemeinverbindliche Marktsteuerung würde dieser Heterogenität nicht gerecht werden und viele Milcherzeu-ger sowie Verarbeiter unnötig benachteiligen bzw. deren (internationale) Wettbewerbs-fähigkeit reduzieren. • Eine effiziente Marktsteuerung kann nur vorgenommenwenn zeitnah verlässliche Marktinformationen vorliegen. Dies ist für den EU-Milchmarkt und den Weltmarkt nicht der Fall. Die Preis- und Mengeninformationen sind systembedingt mindestens zwei Mona-te alt. Bevor eine Marktkrise erkannt wird und die entsprechenden Maßnahmen ergriffen werden können, kommt die Hilfe für die Marktbeteiligten bereits zu spät. Die internatio-nalen Marktinformationen unterliegen nicht alle einer amtlichen Notierung. Daher ist de-ren Qualität kritisch zu hinterfragen. Eine Verwendung solcher Information birgt die Ge-fahr von Fehleinschätzungen über tatsächliche Marktentwicklungen.

Suggested Citation

  • Weber, Sascha A. & Hansen, Heiko, 2014. "Kann eine Marktbeobachtungsstelle den EU-Milchmarkt effizient regulieren?," Thünen Working Paper 195703, Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI), Federal Research Institute for Rural Areas, Forestry and Fisheries.
  • Handle: RePEc:ags:jhimwp:195703
    DOI: 10.22004/ag.econ.195703
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    Cited by:

    1. Banse, Martin & Knuck, Janina & Weber, Sascha Alexander, 2019. "Stabile und hohe Milchpreise?! - Optionen für eine Beeinflussung der Milchpreise," Thünen Working Papers 118, Johann Heinrich von Thünen Institute, Federal Research Institute for Rural Areas, Forestry and Fisheries.

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