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Nationale Lösungen greifen zu kurz – für globale Lösungsansätze

In: Migration und Flucht

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  • Christian J. Jäggi

Abstract

Zusammenfassung Aus dem neuen transnationalen Verständnis von Migration ergibt sich, dass die Migrationsthematik weder nur aus der Sicht der Migrierenden noch einzig aus der Sicht der Aufnahmegesellschaft angegangen werden kann. Damit greifen alle eindimensionalen Lösungsvorschläge zu kurz, auch der Versuch, die „Ausländerproblematik“ über eine vereinfachte Einbürgerung lösen zu wollen. Auch das Ein-Nationalitätenkonzept – etwa im Sinne einer Einbürgerung im Einwanderungsland unter gleichzeitigem Verzicht auf das Bürgerrecht im Herkunftsland ebenso wie eine verstärkte Abschottung des Einwanderungslandes – ist keine Lösung. Das zeigt sich besonders auch am Beispiel der illegalen Einwanderung. Wanderungsbewegungen sind eher die Regel als die Ausnahme. Dabei ist nicht entscheidend, ob es sich um eine Flucht aus politischen oder anderen Gründen handelt oder um die Suche nach einem (besseren) Arbeitsplatz. Ein wichtiger Migrationsgrund sind die weltweit sehr ungleichen Lohnniveaus, auch wenn sich die Löhne in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eher angleichen dürften. Allgemein gilt: Je geringer die Qualifikation der ausländischen Arbeitnehmer und je schlechter ihr Aufenthaltsstatus ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie arbeitslos oder gar sozialhilfeabhängig werden. Dem kann längerfristig nur eine Öffnung der nationalen Arbeitsmärkte und eine Gleichstellung inländischer und ausländischer Arbeitnehmer in allen Bereichen abhelfen – also bei der Stellensuche, bei der freien Wahl des Wohnorts, bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und in Bezug auf das Stimm- und Wahlrecht. Voraussetzung dafür ist die Einführung eines weltweiten Menschenrechts auf Migration und auf freie Niederlassung, das nicht durch nationale Restriktionen eingeschränkt werden darf. Hand in Hand mit der Öffnung und Harmonisierung der nationalen Arbeitsmärkte müssten weltweite Mindestlöhne eingeführt werden, um die Entstehung oder Ausweitung des Tiefstlohnsegments zu verhindern. Parallel dazu sollten alle Staaten, welche in anderen Ländern Kriege führen oder unterstützen, oder die davon zum Beispiel durch den Verkauf von Waffen profitieren, verpflichtet werden, einen angemessenen Beitrag an die von ihnen mit verursachten Schäden zu leisten, etwa durch die Aufnahme eines angemessenen Teils der Flüchtlinge. Gleichzeitig sollte die materielle und immaterielle Existenzsicherung in allen Ländern, besonders auch in Krisen- und Kriegsländern, sukzessive auf- und ausgebaut werden. Kurzfristig sollten auch alle betroffenen Länder stärker im Bereich der Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen zusammenarbeiten. Der Zusammenhang von Migration, Sicherheit und Kriminalität ist und bleibt umstritten. Auf der einen Seite werden etwa in der Schweiz Ausländer von den Gerichten häufiger verurteilt als Schweizer, auf der anderen Seite ist ein Teil der Delikte von Ausländern statusbedingt – so kann ein Schweizer gar nicht gegen das Ausländergesetz verstoßen. Dazu kommt das Problem der einseitigen Wahrnehmung und der Vorurteile. Es scheint, dass die Integrationssituation die Kriminalität beeinflusst. Auch restriktive Ausländer- und Asylgesetzgebungen beeinflussen die Kriminalitätsrate. Auch in Bezug auf die Terrorismusfrage drängt sich eine intensivere Zusammenarbeit aller Zielländer der Flüchtlinge auf. Als Antwort auf die globalen und länderübergreifenden Probleme und besonders auch der Migrations- und Fluchtproblematik sind die unterschiedlichsten überstaatlichen und weltweiten Lösungsvorschläge für die Friedenssicherung gemacht worden. Aufgrund der intensiven Verflechtung der Nationalstaaten und auch infolge der immer noch zunehmenden Globalisierung haben namhafte Wissenschaftler, Politiker und Philosophen in den letzten Jahren wieder verstärkt die Idee eines Weltstaats in die Diskussion gebracht. Die Weltstaatidee geht weit über das Konzept der Global Governance im Sinne einer freiwilligen Zusammenarbeit internationaler Akteure hinaus und wird auch kontrovers diskutiert. Gerade angesichts der Flucht- und Migrationsproblematik und der Schwierigkeiten der Nationalstaaten, Migrations- und Fluchtbewegungen zu steuern, erhält das Konzept eines demokratischen Weltstaates eine neue und brisante Aktualität.

Suggested Citation

  • Christian J. Jäggi, 2022. "Nationale Lösungen greifen zu kurz – für globale Lösungsansätze," Springer Books, in: Migration und Flucht, edition 2, chapter 0, pages 131-186, Springer.
  • Handle: RePEc:spr:sprchp:978-3-658-37051-0_7
    DOI: 10.1007/978-3-658-37051-0_7
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