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Wirecard und die fehlende Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat

In: Skandalfall Wirecard: Eine wissenschaftlich-fundierte interdisziplinäre Analyse

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  • Walter Bayer
  • Thomas Hoffmann

Abstract

Zusammenfassung Bei Wirecard hat es nie einen mitbestimmten Aufsichtsrat gegeben. Kurz vor der Insolvenz lag allerdings die Zahl der in deutschen Betrieben des Wirecard-Konzerns beschäftigten Arbeitnehmer bei nur noch ganz knapp unter 2.000 und somit minimal vor dem Schwellenwert des Mitbestimmungsgesetzes 1976. Nach Überschreitung des Schwellenwertes hätte Wirecard eine Mitbestimmungspflicht getroffen, soweit keine entsprechenden Ausweichstrategien zum Zuge gekommen wären. Spätestens seit Ende 2017, als übrigens auch der „Mitbestimmungsaktivist“ Konrad Erzberger ein gerichtliches Statusverfahren (§§ 98 f. AktG) gegen die Gesellschaft zwecks Installation eines paritätisch mitbestimmten Aufsichtsrats einleitete, gab es daher für Wirecard einen Anlass, sich ernsthafte Gedanken darüber zu machen, wie es mit einer zukünftigen Überschreitung des für die Anwendung des Mitbestimmungsgesetzes 1976 einschlägigen Arbeitnehmerschwellenwertes umgehen soll. Die (durch den Firmenzusammenbruch letztlich obsolete) künftige Installation eines deutlich vergrößerten und zur Hälfte mit Arbeitnehmervertretern besetzten Aufsichtsrats hätte dabei wohl kaum im Interesse des damaligen Wirecard-Vorstands gelegen. Eine bloße Ignorierung der Mitbestimmungspflicht wäre für ein börsennotiertes Unternehmen wie Wirecard angesichts zu erwartender Interventionen von „Mitbestimmungsaktivisten“ wohl auch nicht infrage gekommen. Viel hätte dagegen für die Nutzung einer Mitbestimmungsvermeidungsstrategie – etwa die Umwandlung in eine mitbestimmungsfreie SE – gesprochen, wie sie heute bei vielen kurz vor dem Schwellenwert des Mitbestimmungsgesetzes 1976 stehenden Unternehmen verbreitet ist. Dass bei Wirecard nicht bereits schon seit langem zumindest das (schwächere) Mitbestimmungsregime der Drittelbeteiligung zur Anwendung kam, liegt indes an den laxen Zurechnungsvorschriften des Drittelbeteiligungsgesetzes, welches im Hinblick auf den hier relevanten Arbeitnehmerschwellenwert von über 500 die Beschäftigten von lediglich faktisch beherrschten Konzerntöchtern nicht mitzählt. Die „Aufspaltung“ des Bereichs „Wirecard Technologies“ und die Kündigung eines zwischen der Tochtergesellschaft „Wirecard Technologies GmbH“ und der Konzernmutter „Wirecard AG“ bestehenden älteren Beherrschungsvertrag zum 31.12.2018 haben jedenfalls im Ergebnis dazu geführt, dass bei Wirecard weder an der Konzernspitze, noch bei nachgelagerten Konzerngesellschaften die Drittelbeteiligung zur Anwendung kam. Auch gab es im Wirecard-Konzern keine sogenannten Alt-Aktiengesellschaften, bei denen die Drittelmitbestimmung schon bei einer Mindestzahl von 5 Arbeitnehmern einsetzen kann. Viel spricht dafür, dass – jedenfalls beim Vorliegen einer paritätischen Mitbestimmung – Missstände und Unregelmäßigkeiten im Unternehmen eher aufgedeckt hätten werden können.

Suggested Citation

  • Walter Bayer & Thomas Hoffmann, 2022. "Wirecard und die fehlende Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat," Springer Books, in: Behzad Karami (ed.), Skandalfall Wirecard: Eine wissenschaftlich-fundierte interdisziplinäre Analyse, pages 361-411, Springer.
  • Handle: RePEc:spr:sprchp:978-3-658-35609-5_12
    DOI: 10.1007/978-3-658-35609-5_12
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