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Wirecard: Das kollektive Kontrollversagen – ein Fall für die Lehrbücher

In: Skandalfall Wirecard: Eine wissenschaftlich-fundierte interdisziplinäre Analyse

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  • Behzad Karami

    (Internationale Hochschule)

Abstract

Zusammenfassung Die Geschichte des im Sommer 2020 infolge von langjährigen Manipulationen insolvent gegangenen Technologiekonzerns Wirecard stellt eine ziemlich einzigartige Skandalchronik in Deutschlands jüngerer Wirtschaftsgeschichte, vielleicht sogar den umfangreichsten Betrugsfall dar. Die Staatsanwaltschaft ermittelt etwa wegen Bilanzfälschung, Betrug, Marktmanipulation. Weit über 50 % der Aktien deutscher Blue Chips werden von internationalen institutionellen Investoren gehalten. Auch deshalb belastet dieser Skandal das Ansehen des deutschen Aufsichts- und Kontrollsystems und damit das Vertrauen in die Integrität des deutschen Kapitalmarktes – eine wichtige Voraussetzung für Deutschlands Wirtschaft und Wohlstand. Wenngleich die öffentlich zugänglichen Informationen eine Rekonstruktion der kriminellen Machenschaften erlauben, steht noch nicht endgültig fest, wie der Ablauf im Detail vonstattenging, in welchem Geschäftsjahr die Manipulationen in der Buchführung und im Jahresabschluss tatsächlich ihren Anfang nahmen und wann die Aufsichts- und Kontrollorgane sowie der Abschlussprüfer hätten diese erkennen können oder müssen. Fest steht, Wirecard hat über Jahre seine Jahresabschlüsse durch die Buchung fiktiver Umsätze und den Ausweis nicht vorhandener Bankguthaben auf Treuhandkonten gefälscht. Weder der Corporate Governance Kodex noch immer weitergehende Regulierungen und Compliance-Regeln haben ausgereicht, um diese Betrügereien zu verhindern. Dieses Systemversagen, das in eine Vertrauenskrise mündet(e) und die Politiker reflexartig an ihre Regulierungsschreibtische gerufen hat, bedarf strikter Aufklärung und stringenter Reformen. Dabei ist blinder (politischer) Aktionismus nicht zielführend, sondern nur eine evidenzbasierte Regulierung, um künftig möglichst vergleichbare Skandale zu konterkarieren. Zwischenzeitlich sind zahlreiche Defizite zutage getreten. Diese betreffen nicht nur die hoheitliche Bilanzaufsicht unter Zusammenspiel von BaFin und DPR, sondern auch die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers und dessen Haftung (im Außenverhältnis) sowie die interne Corporate Governance. Ins Zentrum muss vor allem die Kernfrage gerückt werden, ob die historisch gewachsenen Kontrollmechanismen vor dem Hintergrund zunehmender Komplexität der Geschäftsmodelle und -prozesse bei Technologieunternehmen noch zeitgemäß sind. Ohne diese Frage explizit zu adressieren, wurden Gesetzesänderungen auf Bundesebene unter dem Schlagwort „Lex Wirecard“ bereits wenige Monate nach Bekanntwerden der Manipulationen zur Diskussion gestellt, die u. a. Haftungsverschärfungen sowie zusätzlichen Kontroll- und Überwachungsmechanismen vorsehen. Schließlich beschloss der Deutsche Bundestag am 20.05.2021 das am 10.06.2021 veröffentlichte Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG). Es ist nicht ganz unumstritten. Insofern ist abzusehen, dass die rund um Bilanzbetrugsskandale geführte Diskussion Politik, Justiz, Verbände und Wissenschaft noch lange beschäftigen wird. Im Lichte dessen setzen sich die Autoren des vorliegenden Buches zum Ziel, einen wertvollen Beitrag zur Analyse der (nicht nur) Wirecard betreffenden Geschehnisse sowie des deutschen Kapitalmarktes und der Kernaspekte des FISG zu leisten. Dieses einleitende Kapitel zeichnet aus der Vogelperspektive die wichtigsten Ereignisse nach und gibt einen genauen Überblick über den aktuellen Diskussionsstand als Fundament für die fachspezifische Diskussionen in den einzelnen Kapiteln dieses Sammelbandes.

Suggested Citation

  • Behzad Karami, 2022. "Wirecard: Das kollektive Kontrollversagen – ein Fall für die Lehrbücher," Springer Books, in: Behzad Karami (ed.), Skandalfall Wirecard: Eine wissenschaftlich-fundierte interdisziplinäre Analyse, pages 1-85, Springer.
  • Handle: RePEc:spr:sprchp:978-3-658-35609-5_1
    DOI: 10.1007/978-3-658-35609-5_1
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