Evolution und Kontingenz – von der komparativen Evolutorik zur Kausalitätsanalyse

Zusammenfassung Im Gegensatz zur statischen und zur dynamischen Theorie in der Wirtschaftswissenschaft fehlt der evolutorischen Ökonomik bisher ein komparativ-evolutorischer Analyseansatz. Ein solcher Analyseansatz wird analog zur komparativ-statischen oder -dynamischen Analyse zur Beantwortung der Frage gebraucht, wie sich ein graduell verlaufs- und ergebnisoffener ökonomischer Prozess – sei es ein historisch-faktischer oder ein zukünftiger – verändern kann, wenn er an kritischen Punkten andere mögliche, also nachvollziehbar begründbare Verläufe nimmt. In die Zukunft gerichtet führt dieser Denkansatz zu unterschiedlichen Szenarien („Wenn-dann … “), bei einem historisch-faktischen Prozess zu kontrafaktischen, aber alternativ möglichen Ereignissen oder Systemzuständen („Was wäre, wenn …“). Der Beitrag stellt einen methodischen Ansatz zur komparativ-evolutorischen Analyse vor, der auf dem klassischen Konzept der „Kontingenz“ beruht („etwas ist möglich, aber nicht notwendig“). Dies führt unmittelbar auf die Frage nach der Intensität der kausalen Beziehungen zwischen Ereignissen oder Systemzuständen zu verschiedenen Zeitpunkten. Der in diesem Beitrag vorgestellte Ansatz der komparativen Kontingenzanalyse lässt sich zu einer Methode zur graduellen Messung von Kausalitätsbeziehungen erweitern, die ohne Wahrscheinlichkeiten auskommt, in die aber Wahrscheinlichkeits-Informationen integriert werden können.