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Kapitalbeteiligung nichtlandwirtschaftlicher und überregional ausgerichteter Investoren an landwirtschaftlichen Unternehmen in Deutschland

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  • Forstner, Bernhard
  • Tietz, Andreas

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Zusammenfassung 1 Einleitung - Die vorliegende Studie knüpft an eine Untersuchung des Thünen-Instituts aus dem Jahr 2011 zu Aktivitäten nichtlandwirtschaftlicher und überregional aktiver Investoren auf dem land-wirtschaftlichen Bodenmarkt an. Diese hatte Flächenkäufe und den Erwerb ganzer Unter-nehmen zum Gegenstand, während Käufe von Kapitalanteilen an juristischen Personen nicht betrachtet wurden. Diese Kenntnislücke soll mit der vorliegenden Studie geschlossen werden. - Die Untersuchung zielt darauf ab, das Ausmaß des Erwerbs von Kapitalanteilen an landwirt-schaftlichen Unternehmen und dessen Entwicklung im Zeitablauf zu ermitteln. Darüber hin-aus sollen Wirkungen dieser Anteilskäufe im Hinblick auf die Agrarstruktur und die Entwick-lung ländlicher Räume abgeschätzt werden. Methodisch fußt die Untersuchung auf leitfaden-gestützten Expertengesprächen und regionalen Fallstudien. Letztere umfassen Auswertungen von einzelbetrieblichen Informationen aus dem Handelsregister und der Creditreform. In Kon-tinuität der ersten Studie werden die dafür ausgewählten Regionen (Landkreise Uckermark, Börde und Emsland sowie Altkreis Ostvorpommern) erneut bearbeitet. Ergänzend werden ei-ne zweite westdeutsche Region (Kreis Borken, Nordrhein-Westfalen) sowie das Unterneh-mensgeflecht einer einzelnen Agrargenossenschaft untersucht. - Die Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes „Nichtlandwirtschaftliche und überregional ausgerichtete Investoren“ aus der Vorgängerstudie wurde für diese Arbeit übernommen. Un-ter „Kauf von Unternehmensanteilen“ werden der Erwerb sowohl von Minderheitsbeteiligun-gen als auch der Anteilsmehrheit oder des gesamten Gesellschaftskapitals verstanden. Dane-ben werden auch andere indirekte Formen der Unternehmensbeteiligung (z. B. durch die Ge-währung spezieller Darlehen oder Sicherheiten) betrachtet.2 Rahmenbedingungen - In der derzeitigen Diskussion um bodenpolitische Eingriffe steht das Grundstückverkehrsge-setz (GrdstVG) im Mittelpunkt. Käufe von Kapitalanteilen werden von diesem nicht erfasst. Ob eine diesbezügliche Gesetzesänderung überhaupt durchführbar ist, muss noch eingehen-der juristisch untersucht werden. Unterdessen haben sich die Landtage bzw. Fraktionen in mehreren Bundesländern (Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg) mit einer Reform des GrdstVG befasst. Abgesehen von Baden-Württemberg, wo im Jahr 2010 eine diesbezügliche gesetzliche Regelung in Kraft trat, hat bis-lang aber noch kein Bundesland ein eigenes Gesetz in dieser Sache erlassen. - Die Privatisierungspolitik der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) prägt den Bodenmarkt in den neuen Bundesländern nach wie vor stark. Das von der BVVG angewandte Vergleichspreissystem zur Ermittlung ihrer Kaufpreisforderung bei Direktkäufen wird von Landwirten als „Preistreiberei“ kritisiert. Dessen ungeachtet ist dieses System in einem Ver-fahren der Europäischen Kommission als sachgerecht bestätigt worden. Im April 2013 hat die Bundesregierung indes auf die anhaltende Kritik an der BVVG reagiert, indem sie einzelne Ausschreibungsmodalitäten geändert hat. - Die Kaufwerte für Landwirtschaftsflächen sind 2011 weiter gestiegen, und zwar im Vergleich zum Vorjahr um 19 % in den neuen Ländern und um 9 % im früheren Bundesgebiet. Damit setzt sich der Trend der letzten Jahre in Ostdeutschland in etwa fort, während die Dynamik in den alten Ländern deutlich zugenommen hat. Die absoluten Kaufwerte je ha LF liegen aber im Westen mit durchschnittlich 20.503 Euro immer noch deutlich über dem durchschnittlichen Niveau im Osten (8.838 Euro). Unter den Ländern gab es 2011 den höchsten absoluten Kauf-wertanstieg in Bayern mit +4.196 Euro, gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern (+2.602 Euro) und Nordrhein-Westfalen (+2.407 Euro). In Sachsen sind die durchschnittlichen Kaufwerte hingegen erstmals nennenswert (-833 Euro) zurückgegangen. - Die wirtschaftliche Lage der landwirtschaftlichen Unternehmen hat sich, gemessen an Ergeb-nissen der BMELV-Testbetriebe, in den letzten beiden Wirtschaftsjahren im Durchschnitt günstig entwickelt. Insbesondere Marktfruchtbetriebe konnten aufgrund der hohen Erzeu-gerpreise für Feldfrüchte gute Ergebnisse erzielen. Je größer die Betriebe waren, desto güns-tiger waren im Durchschnitt die Ergebnisse. Die sehr guten Ergebnisse bei den erfolgreichen Betrieben sind ein Anzeichen dafür, dass diese über beträchtliche Liquidität verfügen, die für weiteres betriebliches Wachstum eingesetzt werden kann. Die Flächenausstattung landwirtschaftlicher Betriebe ist im früheren Bundesgebiet im Zeit-raum 2003 bis 2010 von durchschnittlich 38 ha auf 45 ha gestiegen. Die Eigentumsfläche ist um rund 3 ha gewachsen, sodass der Eigenlandanteil stabil bei 45 % liegt. Im gleichen Zeit-raum ist die durchschnittliche Betriebsgröße in den neuen Bundesländern von 252 ha auf 227 ha zurückgegangen, die Eigentumsfläche aber von 35 ha auf 61 ha angewachsen. Der Ei-genlandanteil ist dort von 14 % auf 25 % angestiegen. Dieser – im gesamtdeutschen Vergleich relativ niedrige – Wert impliziert, dass viele der ostdeutschen Agrargesellschaften mittlerwei-le über ein beträchtliches Bodenvermögen verfügen. 3 Gesellschaftsunternehmen im Agrarsektor - Der Erwerb von Gesellschaftsunternehmen oder Unternehmensteilen kann grundsätzlich auf zweierlei Weise erfolgen. Beim Asset Deal werden die einzelnen Vermögensgegenstände in Einzelrechtsnachfolge übernommen, während der Share Deal eine Gesamtrechtsnachfolge unter Beibehaltung aller bestehenden Rechte (z. B. Anstellungs- und Pachtverträge) und Ver-bindlichkeiten impliziert. Hinsichtlich des Erwerbs von Kapitalanteilen bestehen zwischen den Gesellschaftsrechtsformen bedeutende Unterschiede z. B. in der Gestaltungsfreiheit, der Stimmrechtsverteilung und der Abfindung ausscheidender Gesellschafter. - Die Landwirtschaft in den alten Bundesländern wird von der Rechtsform des Einzelunterneh-mens dominiert (2010: 93 % der Betriebe, 86 % der LF). Daneben spielen Gesellschaften bür-gerlichen Rechts (GbR; 6 % der Betriebe, 12 % der LF) eine Rolle, während juristische Perso-nen zahlenmäßig vernachlässigbar sind. In den neuen Bundesländern hingegen sind insbe-sondere Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH; 9 % der Betriebe, 25 % der LF) und eingetragene Genossenschaften (eG; 4 % der Betriebe, 25 % der LF) eine die Agrarstruktur prägende Größe. Einzelunternehmen (2010: 73 % der Betriebe) bewirtschaften hier 26 % der LF und GbR (10 % der Betriebe) 14 % der LF. Im Zeitablauf seit 2003 hat die zahlenmäßige Be-deutung der GmbH in Ostdeutschland zugenommen, während die Rechtsformen eG und auch GbR anteilmäßig sowohl bei der Betriebszahl als auch bei der Gesamtfläche verloren haben. - Die Entwicklung der Mitgliederzahlen von Agrargesellschaften ist statistisch nur unzureichend erfasst. Aus Jahresberichten des Deutschen Raiffeisenverbandes geht hervor, dass die dort vertretenen Agrargenossenschaften langsam, aber stetig an Mitgliedern verlieren (2006 durchschnittlich 48 Genossen, 2010 nur noch 38). Einzige Quelle für Gesellschafterzahlen der GmbH ist das BMELV-Testbetriebsnetz; hiernach haben die ausgewerteten GmbH durch-schnittlich 23 Anteilseigner (ohne erkennbaren zeitlichen Trend). 4 Auswertung der Expertengespräche - Expertengespräche sind ein essentieller Bestandteil der Studie, da zahlreiche inhaltliche Fra-gen zu klären waren und zudem durch Einschätzungen aus dem Blickwinkel verschiedener re-levanter Akteursgruppen ein Gesamtbild entsteht. Mit Schwerpunkt im Januar/ Februar 2013 wurden insgesamt 46 Experten aus folgenden Gruppen befragt: Immobilienmakler, Finanzie-rungsinstitute, Steuerberater und Fachanwälte, ökonomisch orientierte Betriebsberater, In-vestoren, Vertreter von Verbänden und Politik sowie die BVVG. Von den angefragten Investo-ren waren jedoch nur wenige zu einem Gespräch bereit. Die Gespräche wurden mithilfe eines Fragenleitfadens durchgeführt, der folgende Themen-felder umfasste: Landwirtschaft als Investitionsziel für Nichtlandwirte, Bedeutung des Er-werbs von Kapitalbeteiligungen in der Landwirtschaft, Art der Beteiligungen, deren Vor- und Nachteile aus Sicht der Unternehmen und der Investoren, Spezifikation der Investoren sowie Wirkungen der Anteilskäufe auf verschiedene betriebliche, agrarstrukturelle und regionale Aspekte. Der Fokus lag auf der landwirtschaftlichen Urproduktion; die Erzeugung regenerati-ver Energien wurde weitgehend ausgeklammert. - Folgende zentrale Ergebnisse der Expertengespräche sind festzuhalten: Die Landwirtschaft ist als Investitionsziel für Nichtlandwirte nach wie vor sehr attraktiv. Der Kauf von Minderheitsbeteiligungen hat im Vergleich zu Unternehmenskäufen (einschließlich Mehrheitsbeteiligungen) eine geringe Bedeutung. Investoren streben in der Regel nach der Mehrheit im Unternehmen, um eine bestimmende Rolle ausüben zu können. Eingetragene Genossenschaften sind strukturbedingt (Stimmrechtsverteilung) weniger geeignet für den Anteilskauf als GmbH. Im Fall der Übernahme ganzer Unternehmen ist die Rechtsform aber zweitrangig. Stille Gesellschafter spielen nach Einschätzung der meisten Befragten kaum eine Rolle, weil das damit verbundene Kapitalrisiko als zu hoch eingeschätzt wird. Häufiger sind (vor allem in der Vergangenheit) Kredite oder Sicherheiten durch Geschäftspartner, die mit-telfristig in eine Kapitalbeteiligung umgewandelt werden.In den westdeutschen Veredlungsregionen haben Anteilskäufe eine sehr geringe Relevanz; berichtet werden lediglich Einzelfälle einer Beteiligung an Veredlungsbetrieben aus dem vor- und nachgelagerten Bereich. In den neuen Bundesländern gibt es viele Fälle von Unternehmensübernahmen, wobei die Investoren überwiegend aus Westdeutschland kommen. Genannt werden sowohl bekannte überregional aktive Investoren als auch „kleinere“ Investoren, sowohl Neueinsteiger als auch solche, die eine Übernahme weiterer Unternehmen anstreben. Aber auch unter den regional gewachsenen landwirtschaftlichen Unternehmen gibt es starke Wettbewerber mit Expansi-onsdrang. Aus Sicht der landwirtschaftlichen Betriebe gibt es zwei wesentliche Fallgestaltungen für den Einstieg eines Investors. Motiv kann ein hoher Kapitalbedarf sein, der sich als Folge von wirt-schaftlicher Schwäche, zur Realisierung größerer Investitionen, zur Sicherung der Flächenaus-stattung oder zur Abfindung ausscheidender Gesellschafter ergibt. Ein noch häufigerer Fall ist aber der Generationswechsel in der Führungsebene. Wenn qualifizierter Nachwuchs fehlt, eine innerfamiliäre Nachfolge ausgeschlossen ist und unter den verbleibenden Gesellschaf-tern niemand die erforderliche Abfindung zahlen kann, ist der Verkauf an einen externen In-vestor oft die einzige realisierbare Option. Motiv der meisten nichtlandwirtschaftlichen Investoren für den Kauf landwirtschaftlicher Unternehmensanteile ist – neben Sicherheits- und Portfolio-Überlegungen – die unterneh-merische Tätigkeit mit Gewinnerzielung. Wenn dagegen lediglich eine krisensichere Kapital-anlage im Vordergrund steht, wird der Bodenkauf favorisiert.Die Auswirkungen der Anteilskäufe bzw. Übernahmen ganzer Unternehmen werden ähnlich beurteilt wie in der Vorgängerstudie, die zu einigen negativen und insgesamt tendenziell po-sitiven Effekten gekommen ist. Für das übernommene Unternehmen selbst ergeben sich häu-fig positive Auswirkungen auf Investitionen und betriebliches Wachstum. Die betriebliche Or-ganisation wird tendenziell verschlankt unter Abbau wenig rentabler Betriebszweige. Teils findet ein Beschäftigungsabbau statt, andererseits bestehen aber auch Chancen auf sicherere und auch besser entlohnte Arbeitsplätze. Das Unternehmen gewinnt letztlich meist an Wett-bewerbsfähigkeit. Die Auswirkungen auf den Bodenmarkt werden überwiegend als preiser-höhend eingeschätzt. Hinsichtlich der Gewinnverteilung und regionalen Wertschöpfung gibt es widersprüchliche Einschätzungen; einerseits werden Investitionen, steigende Löhne, Pacht- und Kaufpreiszahlungen als positive Aspekte angeführt, andererseits fließen, vor allem bei überregional aktiven und regionsfremden Investoren, Unternehmergewinn und Verzin-sung des eingesetzten Kapitals häufig aus der Region ab. Ob der Investor über das Unter-nehmen hinaus auch in das regionale Umfeld investiert, ist stark vom Einzelfall abhängig. Ei-nige Experten verweisen darauf, dass hierfür die Ortsansässigkeit und das Engagement des Investors von entscheidender Bedeutung sind.5 Auswertung einzelbetrieblicher GmbH-Informationen - GmbH sind gesetzlich verpflichtet, dem Handelsregister (HR) eine jeweils aktuelle Liste ihrer Gesellschafter vorzulegen. Seit 2007 wird das HR bundesweit elektronisch geführt. In dieser Untersuchung wurden GmbH in den fünf Fallregionen hinsichtlich ihrer aktuellen Gesellschaf-ter sowie ihrer Gesellschafterwechsel seit 2007 untersucht. Ergänzend wurden Informationen der Creditreform in Bezug auf Beteiligungen der GmbH-Gesellschafter an weiteren Unter-nehmen ausgewertet. Ziel der Untersuchung war es, in jeder Fallregion zehn Fälle mit Gesell-schafterwechsel zu dokumentieren und im Hinblick auf die Beteiligung nichtlandwirtschaftli-cher Investoren einzuordnen. - Ausgangspunkt in den ostdeutschen Fallregionen war eine Liste aller landwirtschaftlichen GmbH des jeweiligen Landkreises, die von den Behörden aus dem Datenbestand der Agrar-förderung erstellt wurde. Insgesamt waren dies 149 GmbH, von denen rund 60 % in jeder Re-gion untersucht wurden. Letztlich wurden 63 GmbH mit online verfügbaren Gesellschafterlis-ten ausgewertet, davon 30 GmbH mit Gesellschafterwechseln seit 2007. In den zwei westdeutschen Fallregionen existieren fast nur GmbH, die flächenlose Tierhaltung betreiben und daher keinen Anspruch auf Agrarförderung haben. Daher wurde abweichend vom ursprünglichen Untersuchungskonzept eine Suche relevanter GmbH im HR erforderlich. Ausgewertet wurden jeweils zehn GmbH mit verfügbaren Gesellschafterlisten. In sechs dieser GmbH fand nach 2007 ein Gesellschafterwechsel statt. Die ausgewerteten GmbH weisen eine große Vielfalt in ihrer Gesellschafterstruktur aus. Eine einfache Zweiteilung der GmbH in solche „mit bzw. ohne Investor“ würde dieser Vielfalt nicht gerecht, da in der öffentlichen Diskussion verschiedene Kriterien für die Einstufung „externer Investoren“ verwendet werden. Relevante Kriterien sind: die Zahl der Gesellschafter, deren Ortsansässigkeit, die Existenz eines nicht am Kapital beteiligten Geschäftsführers, weitere Ka-pitalbeteiligungen der Gesellschafter, die Branchenzugehörigkeit dieser Beteiligungen sowie die Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschaft. Anhand dieser Kriterien lassen sich die GmbH in Fallgruppen einordnen, die indes nicht immer trennscharf abzugrenzen sind. Im Hinblick auf die Fragestellung und auf die Überschaubarkeit erscheint eine Unterteilung in sieben Fall-gruppen sachgerecht: (1) Regionale Einpersonen- oder Einfamilien-GmbH, (2) Regionale Mehrfamilien-GmbH, (3) Überregional verflochtene landwirtschaftliche GmbH, (4) Mit vor- und nachgelagertem Bereich verflochtene GmbH, (5) GmbH mit Minderheitsbeteiligung eines nichtlandwirtschaftlichen Investors, (6) GmbH eines nichtlandwirtschaftlichen, nur an einem Agrarbetrieb beteiligten Investors, (7) GmbH eines nichtlandwirtschaftlichen und überregional ausgerichteten Investors. - Zwischen den Untersuchungsregionen bestehen deutliche Unterschiede hinsichtlich der Fall-gruppenzugehörigkeiten. In den ostdeutschen Regionen gehören nur 48 % der 63 untersuch-ten GmbH ausschließlich ortsansässigen Gesellschaftern (Fallgruppen 1 und 2), 38 % sind im Allein- oder Mehrheitseigentum eines Investors mit nichtlandwirtschaftlichen Kapitalverflechtungen (Fallgruppen 6 und 7). Die Minderheitsbeteiligung eines solchen Investors wurde nur in zwei Fällen (3 %) gefunden. In den westdeutschen Regionen sind GmbH der Fallgruppen 1 und 2 deutlich in der Überzahl (65 % der 20 ausgewerteten Fälle). Überregional aktive, landwirtschaftliche Gesellschafter (25 %) und Investoren aus dem vor- und nachgelagerten Bereich (10 %) haben hier einen grö-ßeren Stellenwert als im Osten, wohingegen die Fallgruppen 5 bis 7 nicht besetzt sind. - 36 GmbH mit dokumentierten Gesellschafterwechseln sowie neun im Zeitraum seit 2007 neu gegründete GmbH wurden hinsichtlich ihrer ein- und ausgetretenen Anteilseigner analysiert. Die meisten Gesellschafterwechsel haben die Fallgruppenzugehörigkeit der GmbH nicht be-einflusst. In sieben Fällen sind ehemals regionale Mehrfamilien-GmbH von Investoren unter-schiedlicher Fallgruppen (1, 3, 6 und 7) übernommen worden. Insbesondere wurde kein Kauf einer Minderheitsbeteiligung durch einen nichtlandwirtschaftlichen Investor dokumentiert. Fünf GmbH, die vermutlich eine Vorgeschichte als Einzelbetrieb hatten, wurden von nicht-landwirtschaftlichen Investoren neu gegründet. In zwei Mehrfamilien-GmbH wurde eine rasch zunehmende Konzentration der Anteile bei bestimmten Gesellschaftern festgestellt. - In den neuen Bundesländern wurde zusätzlich eine Agrargenossenschaft untersucht, auf die in mehreren Expertengesprächen wegen deren starken Expansionsdrangs auf mittlerweile über 15.000 ha hingewiesen worden war. Tatsächlich haben diese eG bzw. drei ihrer Füh-rungspersonen seit 2003 drei Agrargenossenschaften und zehn GmbH im Umkreis von 110 km jeweils vollständig übernommen. Nichtlandwirtschaftliche Kapitalverflechtungen sind anhand der Creditreform-Daten aber nicht nachweisbar. Somit handelt es sich hier um einen beson-deren Fall überregional aktiver, aber rein landwirtschaftlicher Investoren. 6-Diskussion und Schlussfolgerungen - Das Thema „Nichtlandwirtschaftliche Investoren in der Landwirtschaft“ hat in den vergange-nen fünf Jahren in der agrarpolitischen Debatte eine große Aufmerksamkeit erhalten. Gegen-wärtig wird in einigen Bundesländern über eine Verschärfung des Grundstückverkehrsgeset-zes diskutiert, wobei auch erwogen wird, Anteilskäufe an landwirtschaftlichen Unternehmen einer staatlichen Kontrolle zu unterziehen. Dieses Thema ist wie auch der Unternehmens- und Flächenerwerb durch nichtlandwirtschaftliche Investoren vor allem durch die Entwicklungen in den neuen Ländern und durch den Mangel an belastbaren einschlägigen Informationen ge-prägt. - Der in der vorliegenden Studie gewählte Untersuchungsansatz weist neben standardisierten Bereichen auch explorative Züge auf. Durch die Kombination von quantitativen und qualitati-ven Analysen konnten Synergien in der Informationsgewinnung erschlossen werden. Die Be-schränkung der Analyse auf ausgewählte Fallregionen begrenzt die Aussagekraft der Ergeb-nisse. Die Fokussierung der quantitativen Analyse auf 83 GmbH aus Gründen des Datenzu-gangs schränkt die Übertragbarkeit der Ergebnisse ebenfalls etwas ein. - Insgesamt geben die Analysen keine Hinweise darauf, dass die Dynamik der Anteilskäufe in den letzten fünf Jahren zugenommen hat. Während diese in den beiden westdeutschen Fall regionen kaum eine Relevanz besitzen, liegt in den ostdeutschen Fallregionen der Anteil der GmbH im Allein- oder Mehrheitseigentum von nichtlandwirtschaftlichen Investoren je nach Region zwischen 20 und 50 %. Die Agrargesellschaften in den neuen Ländern sind bereits jetzt oftmals stark auf wenige Per-sonen konzentriert, was in vielen Fällen auch eine große Vermögenskonzentration beinhaltet. Dies stellt beim Ausscheiden einzelner Gesellschafter häufig einen Ansatzpunkt für den Ein-stieg von Investoren dar. Nichtlandwirtschaftliche Investoren, die sich unternehmerisch in der Landwirtschaft betäti-gen wollen, zielen auf Mehrheitsbeteiligungen oder die Übernahme ganzer Unternehmen und engagieren sich in der Regel längerfristig. Um bei diesen risikobehafteten Investitionen erfolgreich zu sein, ist ein hohes Maß an Fachkompetenz und Ausdauer erforderlich. Dies ist auch ein Grund dafür, dass es gänzlich landwirtschaftsfremde Investoren kaum gibt. Damit unterscheiden sich Anteilskäufe entscheidend von Flächenkäufen, deren Ziel in erster Linie die Sicherung von Vermögen und teilweise auch die Spekulation auf steigende Preise ist. - Die Wirkungen der „Investoren“ auf Produktion, Beschäftigung und regionale Wertschöpfung haben eine große Bandbreite und sind nicht eindimensional positiv oder negativ zu bewer-ten. Die ohnehin vielfach bereits starke Eigentumskonzentration dürfte jedoch nochmals deutlich zunehmen. Der Untersuchungsansatz könnte bei einer Erweiterung um weitere gezielt ausgewählte Fall-regionen in den neuen Ländern und die Einbeziehung anderer Rechtsformen (vor allem der Agrargenossenschaften) zu einer Stärkung der Validität der Ergebnisse führen. Eine generell anders geartete Beurteilung würde jedoch auch dann von den Autoren nicht erwartet. Die Entwicklung der Unternehmensstrukturen folgt generell den bestehenden ökonomischen und rechtlichen Rahmenbedingungen. Unternehmensausrichtung, Rationalisierung und Orga-nisation der Produktion erfolgen bei Eigentümerwechseln weitgehend unabhängig davon, ob es sich um ortsansässige Unternehmer oder fremde Investoren handelt. Dennoch ist festzu-stellen, dass es insbesondere bei sehr großen und überregional ausgerichteten „Investoren“-Unternehmen – zumal bei starkem Bezug auf Energieerzeugung oder tierische Veredlung – spezifische Ausprägungen gibt, die mitunter zu einem erheblichen Widerstand in der Bevölke-rung führen. Die jeweilige Landespolitik kann darauf reagieren, indem sie im Rahmen beste-hender rechtlicher Regelungen die relevanten umwelt- und tierschutzrechtlichen Genehmi-gungen erteilt oder verweigert, oder den Rechtsrahmen innerhalb ihrer Kompetenzen gestaltet. Ein Ausblick auf die künftige Bedeutung des Kaufs von Unternehmen oder Unternehmensan-teilen durch nichtlandwirtschaftliche und überregional aktive Investoren ist schwierig, weil maßgebliche Einflussfaktoren nicht gleichartig wirken und auch die Einzelfaktoren in ihrer Entwicklung nicht vorhersehbar sind. - Vor dem Hintergrund der vielfältigen Eigenschaften und Auswirkungen nichtlandwirtschaftli-cher und überregional ausgerichteter Investoren und angesichts der faktischen Unmöglich-keit, „erwünschte“ von „nicht erwünschten“ Investoren trennscharf abzugrenzen, erscheint die Beschränkung von Anteilskäufen zum Beispiel im Rahmen des Grundstückverkehrsgeset-zes wenig geeignet, um Entwicklungen der Agrarstruktur und der ländlichen Räume positiv zu beeinflussen. Außerdem dürften auch grundsätzliche rechtliche Überlegungen und gravieren-de administrative Probleme gegen einen solchen Schritt sprechen. Politisch sollte ein derarti-ger Eingriff auf einem klaren betriebs- und agrarstrukturellen Leitbild aufbauen.

Suggested Citation

  • Forstner, Bernhard & Tietz, Andreas, 2013. "Kapitalbeteiligung nichtlandwirtschaftlicher und überregional ausgerichteter Investoren an landwirtschaftlichen Unternehmen in Deutschland," Thünen Report 177963, Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI), Federal Research Institute for Rural Areas, Forestry and Fisheries.
  • Handle: RePEc:ags:jhimwo:177963
    DOI: 10.22004/ag.econ.177963
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    Citations

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