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Auf dem Weg zur Staatenkammer: Die Reform des Ministerrats der EU

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  • Maurer, Andreas

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Der Europäische Rat, Staats- und Regierungschefs, Brüsseler Akteure und Beobachter der EU fordern seit Jahren eine Reform der Arbeit des Rates der EU. Die Debatte konzentriert sich im Konvent auf die Frage, wie die Arbeitseffizienz, Effektivität und Produktivität des für die Regierungen der Mitgliedstaaten wichtigsten Organs gesteigert werden kann, um der allseits erhobenen Forderung nach einer Stärkung der inneren und äußeren Handlungsfähigkeit der EU gerecht zu werden. Eine Revision des Ratssystems ist in diesem Zusammenhang um so dringlicher, als auch nach dem Konvent am intergouvernementalen Ansatz in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, in der Justiz- und Innenpolitik sowie im Anwendungsbereich der Methode der Offenen Koordinierung festgehalten werden wird. Die dem Konvent bezüglich der Reform des Rates gestellte Aufgabe läßt sich insofern auf eine einfache Frage zuspitzen: Soll und kann die EU als Ad-hoc-Koalition organisierter Partikularinteressen oder aber als strukturierte Organisation zur Wahrnehmung und Durchsetzung des 'europäischen Gemeinwohls' in das 21. Jahrhundert eintreten? Ziel und wichtigstes Prüfkriterium für die Reform des Ratssystems sollte es sein, die Handlungsfähigkeit der EU durch gemeinschaftliche Instrumente und Verfahren zu verbessern. Denn nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, daß der Rat in seinen legislativen Funktionen langfristig zu einer dem Europäischen Parlament gleichgestellten Staatenkammer entwickelt wird. Die Reform des Ratssystems ist daher in die Gesamtrevision der bestehenden Institutionen, Verfahren und Instrumente der EU einzubetten. Hierbei gilt es zu bedenken, daß unterschiedliche Grundverständnisse und Leitbilder über die Funktionen und Entwicklungstendenzen der EU bestehen, die Tendenzen zur Verstärkung des jeweiligen nationalen Einflusses eher zu- als abnehmen, die Wahrscheinlichkeit der Herausbildung informeller Kerngruppen und Direktorien eher wächst, und das Verhältnis von großen und kleinen Mitgliedstaaten häufiger als bisher zur Debatte stehen wird. Angesichts der enormen Herausforderungen einer komplexer und heterogener werdenden EU sind Reformen unter anderem auf folgenden Gebieten notwendig:Die Ausweitung des Anwendungsbereichs für das Prinzip der qualifizierten Mehrheit auf alle Bereiche europäischer Gesetzgebung und die Umwandlung des Einstimmigkeitsprinzips in den Abstimmungsmodus einer 'Drei-Viertel-Mehrheit' der Staaten und Völker für den Abschluß von Beitrittsverhandlungen, für die Änderung der EU-Verträge bzw. die Verfassung sowie für die Entscheidungen über das Eigenmittelsystem der EU. Die Trennung der exekutiven Funktionen des Rates sowie seiner Steuerungsaufgaben in der Außen- und Sicherheitspolitik von seinen legislativen Aufgaben. Die Schaffung eines entscheidungsschnellen Ratsformats, das in der Lage ist, kontrovers diskutierte Dossiers der Fachräte zu diskutieren, und als Ergebnis dieser Sichtung dann auch befugt ist, eine letztinstanzliche, für alle verbindliche Entscheidung herbeizuführen. Die Wiederbelebung und Konzentration der Funktionen des Europäischen Rates auf das ursprüngliche Ziel der politischen Impulsgebung gegenüber allen Organen der EU und die Beschränkung der Aufgaben des Vorsitzenden des Europäischen Rates auf die Repräsentation und Organisation der Treffen der Staats- und Regierungschefs. Die Einführung eines permanenten Vorsitzes in der GASP und dessen Wahrnehmung durch den EU-Außenminister. Gerade mit Blick auf die Umwandlung des Rates in eine dem Europäischen Parlament gleichgestellte Staatenkammer sollte das Vorsitzsystem langfristig den Vorsitzverfahren im Europäischen Parlament angepaßt und daher durch eine Kombination aus zweieinhalbjährigen Wahlpräsidentschaften ersetzt werden. Als Zieldatum könnte der Beginn der Legislaturperiode des 2008 zu wählenden Parlaments herangezogen werden. (SWP-Studie / SWP)

Suggested Citation

  • Maurer, Andreas, 2003. "Auf dem Weg zur Staatenkammer: Die Reform des Ministerrats der EU," SWP-Studien S 6/2003, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), German Institute for International and Security Affairs.
  • Handle: RePEc:zbw:swpstu:s62003
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