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Regionalökonomische, verkehrliche und umweltpolitische Effekte des Ausbaus der Rheintalbahn

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  • Philip Ulrich

    (GWS - Institute of Economic Structures Research)

  • Berthold Purzer

    (GWS - Institute of Economic Structures Research)

  • Jonas Krinitz

    (GWS - Institute of Economic Structures Research)

  • Mark Meyer

    (GWS - Institute of Economic Structures Research)

  • Dr. Johannes Többen

    (GWS - Institute of Economic Structures Research)

  • Lisa Becker

    (GWS - Institute of Economic Structures Research)

  • Petra Strauß

    (GWS - Institute of Economic Structures Research)

Abstract

Der Güterkorridor Rotterdam–Genua gilt als eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen im europäischen Schienenverkehr. Zugleich bestehen erhebliche Kapazitätsengpässe in diesem leistungsfähigen Korridor, wobei der noch nicht ausgebaute Streckenabschnitt zwischen Karlsruhe und Basel ein Nadelöhr darstellt. Durch den Aus- und Neubau der Rheintalbahn soll der Kapazitätsausbau der gesamten Strecke abgeschlossen werden. Direkt entlang dieses Ausbaubereichs liegt das südliche Oberrheintal. Es verfügt über eine gute Anbindung an den Personen- und Güterverkehr sowie über gut ausgebaute Nahverkehrsnetze. Durch die Kapazitätsengpässe gibt es jedoch kaum Möglichkeiten, das Angebot im Personenverkehr zu verdichten, Reisezeiten zu verringern und die Zuverlässigkeit des gesamten Verkehrssystems zu verbessern. Im Schienengüterverkehr berichten Unternehmen in Interviews ebenso von großen Einschränkungen, was die für den Klimaschutz nötige Erhöhung des Schienenanteils am Güterverkehr erschwert. In der Region mag der Eindruck entstehen, das Großvorhaben „Karlsruhe–Basel“ diene ausschließlich überregionalen bis internationalen Anliegen, denn die bisher vorliegenden Bewertungen liefern wenig konkrete Aussagen und betrachten nicht die regionalökonomischen Dimensionen. Mit der vorliegenden Studie werden die regionalökonomischen, verkehrlichen und umweltpolitischen Effekte des Ausbaus der Rheintalbahn detailliert ausgearbeitet. Die Analyse der Strukturen und Verflechtungen im Güterverkehr zeigt, dass Waren, die über die Schiene in der Region versendet werden, eine regionale Wertschöpfung von 1,9 Mrd. Euro generieren. Damit ist die wirtschaftliche Bedeutung des Verkehrsträgers Schiene anteilig schon heute höher als der Anteil am Aufkommen im Güterverkehr. Insgesamt wird deutlich, dass durch den Aus- und Neubau der Rheintalbahn in der Region selbst ein hoher Mehrwert entsteht. Einwohner:innen profitieren von einer besseren Erreichbarkeit, einer Angebotsverdichtung im Nahverkehr und von Lärmentlastungen. Regionale Unternehmen haben einen Anteil an den Investitionen in die Infrastruktur und profitieren von gesteigerten Kapazitäten im Güterverkehr. Ferner vergrößern sich die Arbeitsmärkte, wodurch Stellen potenziell besser mit geeigneten Bewerber:innen besetzt werden können. Diese allgemeinen Einschätzungen wird auch durch die Befragung regionaler Akteur:innen bestätigt. Zusätzlich wird die Dringlichkeit in der Umsetzung des Vorhabens bekräftigt. Im Personenverkehr kommt es zu einer Verdichtung des Nah- und Fernverkehrsangebotes entlang der Strecke Karlsruhe–Basel. Durch den Ausbau kann die Fahrzeit im Fernverkehr um rund 20 Minuten verkürzt werden. Pendelnden im Raum Karlsruhe–Basel wird wiederum eine Reisezeitersparnis von durchschnittlich 5 Minuten pro Weg ermöglicht. Ferner ist eine höhere Zuverlässigkeit des Systems Schiene zu erwarten. Auf betroffenen Verbindungen kommt es zu einer Vermeidung von bis zu 3 700 Pkw-Fahrten pro Tag und die Nachfrage im Flugverkehr aus der Region zu Zielen im Fernverkehr sinkt. Für drei exemplarisch betrachtete Fallkommunen (Lahr, Eschbach und Freiburg) sind die Veränderungen durchaus unterschiedlich. Metropolen wie Freiburg erfahren eher Verbesserungen für längere Distanzen; Mittlere Städte und kleinere Gemeinden gewinnen im Nahverkehr. Kommunen ohne Schienenanbindung sollten angesichts der gebotenen Potenziale z. B. eine Anpassung des Busverkehrs in Erwägung ziehen. Die Engpassbeseitigungen führen im Güterverkehr ebenfalls zu Verlagerungen auf die Schiene. Dies führt in der Region zu einer Vermeidung von rd. 420 000 Lkw-Fahrten pro Jahr durch die Region. Nach den Bewertungen des BVWP und auch den Einschätzungen der regionalen Unternehmen und Institutionen besteht im Güterverkehr ein großes Verlagerungspotenzial hin zur Schiene, welches allein durch eine Entschärfung der Kapazitätsengpässe realisiert werden kann. Das Infrastrukturvorhaben generiert über die Investitionen zusätzliche Nachfrage, welche sich in der Region deutlich steigernd auf die Bruttowertschöpfung auswirkt. Die über 14 Mrd. Investitionen in die Schieneninfrastruktur, die in den nächsten 25 Jahren getätigt werden, wirken in der Region wertschöpfungssteigernd. In den nächsten 15 Jahren werden in der Region durch die Investitionen ca. 300 Mio. Euro Wertschöpfung jährlich generiert. Dabei werden jährlich über 3 000 Arbeitsplätze gesichert oder geschaffen. Die Phase der massiven Investitionen dauert bis in die 2040er Jahre an, sodass die temporären Wirkungen in der Region fast als dauerhaft angesehen werden können, da sie fast die Hälfte eines Erwerbslebens abdecken. Diese zusätzliche zukünftige Wertschöpfung aus Investitionen generiert ein Potenzial von jährlich etwa 3,5 Mio. Euro Gewerbesteuereinnahmen vor Ort. Um die 100 Personen werden mittel- bis langfristig jährlich mit der Instandhaltung allein der Streckabschnitte 7 und 8 beschäftigt sein. Langfristig deutlich „sichtbarere“ Potenziale für die Region liegen zusätzlich in Projekten wie dem LogistikLeistungszentrum in Lahr, das mit der neuen Streckenführung und Kapazitätsausweitung realisiert werden kann. Durch die Verbesserung der Verbindungen zwischen den Städten und Gemeinden entstehen potenziell größere, stärker integrierte regionale Arbeitsmärkte. Es ergeben sich mehr Möglichkeiten für ein Matching zwischen Qualifikationen von Arbeitnehmenden und Anforderungen der Unternehmen. Viele Städte und Gemeinden rücken 10 bis 15 inuten an die Fallkommunen Eschbach und Freiburg heran und könnten damit für deren Bewohner:innen als Arbeitsort in Frage kommen. In den Fallkommunen ist die erwerbsfähige Bevölkerung im Einzugsgebiet von 90 Minuten Reisezeit im Planfall zwischen 4 % und 56 % höher als ohne den Aus-/Neubau der Rheintalbahn. Insgesamt sind durch den Aus-/Neubau der Rheintalbahn deutlich positive Wirkungen auf die Umwelt zu erwarten. Im Untersuchungsraum ergibt sich insgesamt eine Verkehrslärmentlastung. An der bestehenden Strecke profitieren davon viele Einwohner:innen. Mithilfe der Verlagerung zum Schienenpersonen- und Schienengüterverkehr sind CO2-Einsparungen von rd. 190 000 t pro Jahr möglich. Diese Einsparungen sind deutlich höher als andere Ausbauvorhaben auf Schienenverkehrsachsen mit internationaler Relevanz aus dem aktuellen BVWP. Zusammen mit den allgemeinen Klimaschutzprogrammen können die durch die Rheintalbahn realisierbaren Attraktivitätssteigerungen einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Nicht unerwähnt bleiben sollte jedoch auch die vermehrte Flächeninanspruchnahme und Landschaftszerschneidung, die für die Realisierung des Vorhabens notwendig ist.

Suggested Citation

  • Philip Ulrich & Berthold Purzer & Jonas Krinitz & Mark Meyer & Dr. Johannes Többen & Lisa Becker & Petra Strauß, 2023. "Regionalökonomische, verkehrliche und umweltpolitische Effekte des Ausbaus der Rheintalbahn," GWS Research Report Series 23-1, GWS - Institute of Economic Structures Research.
  • Handle: RePEc:gws:report:23-1
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