IDEAS home Printed from https://ideas.repec.org/b/zbw/oefsef/80.html
   My bibliography  Save this book

Ausbeutung oder sozio-kulturelles Erbe? Divergenzen um das Phänomen der Talibé im postkolonialen Senegal

Author

Listed:
  • Zlattinger, Katharina Maria

Abstract

Kinderrechte, festgeschrieben in der UN-Kinderrechtskonvention von 1989, spielen im internationalen Entwicklungsdiskurs eine wichtige Rolle. So haben u.a. die Kinderrechte auf Bildung, Gesundheit und Gleichheit direkte Relevanz für die Nachhaltigen Entwicklungsziele SDG 4, SDG 2 und SDG 10. Ein wesentliches Thema ist in diesem Zusammenhang auch die Debatte um Kinderarbeit, deren Bekämpfung vielen internationalen Akteuren, allen voran der ILO und der UNICEF, ein Anliegen ist. Gerade die Frage von Kinderarbeit wird jedoch auch kontrovers diskutiert. Kritik am dominanten Entwicklungsdiskurs gibt es dahingehend, dass ein westlich geprägtes Konzept von Kindheit ohne ausreichende Berücksichtigung von sozialen, ökonomischen und kulturellen Faktoren der Debatte zugrunde liegen würde. Katharina Maria Zlattinger setzt an dieser Kontroverse an. In ihrer Masterarbeit mit dem Titel "Ausbeutung oder sozio-kulturelles Erbe? Divergenzen um das Phänomen der Talibé im postkolonialen Senegal" beschäftigt sie sich mit der Geschichte und Gegenwart der senegalischen Koranschüler (durchwegs männlichen Geschlechts). Dabei steht die Frage im Zentrum, ob deren Tätigkeit des organisierten Bettelns eine Form von Kinderarbeit und wirtschaftlicher Ausbeutung ist, oder ob die adäquate Berücksichtigung des lokalen soziokulturellen Kontextes zu einer anderen Bewertung führen würde. Frau Zlattinger ist es ein explizites Anliegen, eine eurozentrische Perspektive auf ihre Forschungsfrage zu vermeiden. Sie tut dies, indem sie versucht, das Phänomen in seinem Kontext zu verstehen. Dafür setzt sie sich ausführlich mit der Geschichte des Islam und des Bildungswesens im Senegal auseinander und erläutert u.a., aufgrund welcher schwierigen wirtschaftlichen Dynamiken die traditionellen Institutionen der Koranschulen auf das organisierte Betteln ihrer Schüler zurückgreifen. Die Autorin zeichnet überzeugend das Spannungsverhältnis zwischen dem internationalen Kinderrechtsdiskurs, dessen Konventionen auch vom senegalesischen Staat unterzeichnet wurden, und lokalen Konzepten von Kinderarbeit, Kinderhandel und Bildung bzw. Erziehung nach. Sie kommt zu dem Schluss, dass keine klare Trennlinie zwischen diesen Konzepten gezogen werden kann, sie aber auf der Mikroebene des lokalen Kontextes deutlich anders verstanden werden, als auf der Makroebene der internationalen Konventionen. Sie weist auch darauf hin, dass dieses Spannungsverhältnis ein asymmetrisches ist, insofern als der internationale Diskurs, der Senegals Islamschulen der Ausbeutung von Kindern bezichtigt und zunehmend staatliche und zivilgesellschaftliche Regulierungsversuche nach sich zieht, nicht frei von islamkritischer Einflussnahme ist. Katharina Maria Zlattingers Arbeit leistet einerseits einen wichtigen Beitrag zu einer analytischen, nicht normativen Diskussion zum Thema Kinderrechte in globaler Perspektive. Andererseits fordert sie ihre (europäischen) Leser*innen auf, als objektiv wahrgenommene Konzepte immer wieder als Konstrukte eines westlich geprägten soziokulturellen und sozioökonomischen Kontextes zu hinterfragen.

Suggested Citation

  • Zlattinger, Katharina Maria, 2022. "Ausbeutung oder sozio-kulturelles Erbe? Divergenzen um das Phänomen der Talibé im postkolonialen Senegal," ÖFSE-Forum, Austrian Foundation for Development Research (ÖFSE), volume 80, number 80, Juni.
  • Handle: RePEc:zbw:oefsef:80
    as

    Download full text from publisher

    File URL: https://www.econstor.eu/bitstream/10419/268162/1/forum-80.pdf
    Download Restriction: no
    ---><---

    More about this item

    Statistics

    Access and download statistics

    Corrections

    All material on this site has been provided by the respective publishers and authors. You can help correct errors and omissions. When requesting a correction, please mention this item's handle: RePEc:zbw:oefsef:80. See general information about how to correct material in RePEc.

    If you have authored this item and are not yet registered with RePEc, we encourage you to do it here. This allows to link your profile to this item. It also allows you to accept potential citations to this item that we are uncertain about.

    We have no bibliographic references for this item. You can help adding them by using this form .

    If you know of missing items citing this one, you can help us creating those links by adding the relevant references in the same way as above, for each refering item. If you are a registered author of this item, you may also want to check the "citations" tab in your RePEc Author Service profile, as there may be some citations waiting for confirmation.

    For technical questions regarding this item, or to correct its authors, title, abstract, bibliographic or download information, contact: ZBW - Leibniz Information Centre for Economics (email available below). General contact details of provider: https://edirc.repec.org/data/ofsewat.html .

    Please note that corrections may take a couple of weeks to filter through the various RePEc services.

    IDEAS is a RePEc service. RePEc uses bibliographic data supplied by the respective publishers.