Wie ausgeprägt war die «Wachstumsschwäche» der Arbeitsproduktivität in der Schweiz? Eine Analyse der Produktivitätsentwicklung in der Schweiz seit 1950

Die Dynamik der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der Arbeitsproduk - tivität in der Schweiz hat in den letzten Jahren immer wieder Anlass zu Diskussionen geboten. Eine Hauptquelle dieser Debatten lag im Fehlen einer langfristig konsistenten Reihe der Arbeitszeitentwicklung in der Schweiz. Dieser Beitrag zeigt auf, wieso die bislang verwendeten historischen Arbeitszeitreihen schwerwiegende konzeptionelle Probleme aufweisen, welche dazu führen, dass sie das Wachstum des Arbeitsvolumens insbesondere in den 80er- und 90er-Jahren überschätzen. Diese Inkonsistenzen sind der Grund, wieso in diesem Artikel anhand verschiedener historischer Quellen eine neue, langfristig konsistente Reihe des Arbeitsvolumens der Schweiz konstruiert wird, die bis 1950 zurückreicht.Mithilfe der neuen Reihe wird gezeigt, dass sich das Trendwachstum der Arbeitsproduktivität um 1973 von 4% auf ungefähr 1.3% pro Jahr verlangsamt hat und seither mehr oder weniger konstant geblieben ist. Daraus lassen sich zwei Haupterkenntnisse ableiten: Erstens wuchs die Arbeits - produktivität in der Schweiz insbesondere in den 80er- und frühen 90er-Jahren um einiges mehr, als es die bis anhin verfügbaren Daten suggerierten. Zweitens: Wenn es in der Schweiz ein tiefes Wachstum der Arbeitsproduktivität gab, beschränkte sich dieses nicht nur auf die 90er-Jahre, sondern umfasste es die gesamte Periode seit dem Strukturbruch Mitte der 70er-Jahre bis ins Jahr 2010. Der Beitrag illustriert allerdings auch, dass sich der Befund vom tiefen gesamtwirtschaft - lichen Arbeitsproduktivitätswachstum deutlich relativiert, wenn im Zähler als Wohlstandsmass das reale Bruttoinlandeinkommen anstatt des realen BIP verwendet wird, wie es Kohli (2004, 2005) vorgeschlagen hat.