Patterns of state collapse and reconstruction in Central Africa: Reflections on the crisis in the Great Lakes region

Die Analyse der jüngsten Krise in der Region der Großen Seen mit all ihren zerstörerischen Folgen stellt die herkömmliche Betrachtungsweise von Staatszerfall in Frage. Weder wurde bisher die umfassende Bedeutung des Genozids für den Verlust ethisch-moralischer Grenzen durch Konfliktbetroffene erfaßt, noch der Stellenwert grenzüberschreitender bewaffneter Flüchtlingsbewegungen im Kreis der üblicherweise betrachteten Akteure. Genauso muß die verbreitete Ansicht korrigiert werden, ab einem gewissen Zeitpunkt vollziehe sich Staatszerfall unausweichlich. Einzelne Ereignisse und auslösende Faktoren (Wahlergebnisse, Militärinterventionen, politischer Mord etc.) spielen bei der Prozeßbeschleunigung eine unabweisbare Rolle. Während die longue durée-Dimension des Staatszerfalls in dieser Region durch das Zusammenspiel aus der stetigen Verkleinerung der Herrschaftsbasis und dem ungebrochenen Bevölkerungsanstieg bei geringer Verfügbarkeit von Land gebildet wird, beginnt die Verkettung auslösender Faktoren mit dem RPF-Einmarsch in Rwanda 1990, setzt sich mit der Ermordung des burundischen Präsidenten Ndadaye fort, um im Abschuß des Flugzeugs Habyarimanas zu kulminieren - all diese Ereignisse waren nicht schicksalhaft vorbestimmt. Während Demokratisierung nicht zum Programm der siegreichen Eroberer von Rwanda und Zaire gehört, mögen sich dort bei allen Zweifeln Chancen für eine "Staatsrekonstruktion" entwickeln, für Burundi besteht noch nicht einmal diese Hoffnung.