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Sind die Pachten im Osten zu niedrig oder im Westen zu hoch?

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  • Margarian, Anne

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Die Pachtpreise in den neuen Bundesländern liegen deutlich unter denen im früheren Bundesgebiet. Nach der neoklassischen Theorie müssten die Pachtpreisunterschiede alleine durch die ökonomische Wertgrenzproduktivität der Flächen zu erklären sein. Einer der Wegbereiter der Wertgrenzproduktivitätstheorie war der Agrarökonom Johann Heinrich von Thünen. Er hat die unterschiedlichen Produktionsintensitäten der Landwirtschaft im 19. Jahrhundert durch die Transportkosten zu den Absatzmärkten und die sich ergebenden Lagerenten erklärt. Die Lagerente ergibt sich heute in weitaus stärkerem Maße aus positiven Agglomerationseffekten. Neben der Lagerente könnten nach der Wertgrenzproduktivitätstheorie unterschiedliche Bonitätsrenten Ursache von Pachtpreisunterschieden sein, die sich aus den naturräumlichen Bedingungen am Standort ergeben. Lagerente und Bonitätsrente bestimmen nach der neoklassischen Theorie die optimale Produktionsintensität. Im vorliegenden Beitrag soll überprüft werden, ob diese Faktoren ausreichen, um die Pachtpreisunterschiede in Deutschland zwischen Ost und West zu erklären, oder ob daneben auch strukturelle und institutionelle Bestimmungsgründe existieren. Folgende ergänzende Hypothesen werden theoretisch diskutiert und empirisch überprüft: - Die Betriebe im Osten wirtschaften bereits an ihrem Skalenoptimum, die Nachfrage nach Fläche ist daher in den neuen Ländern gering. - Die großen Betriebe im Osten üben Marktmacht aus und drücken dadurch die Preise. - Die staatlichen Eingriffe auf den Pachtmärkten in den neuen Ländern im Zuge der Privatisierung von Flächen verhindern die Herausbildung eines voll funktionsfähigen Marktes. - Der Agrarstrukturwandel im Westen verläuft verzögert, das Flächenangebot ist verknappt, die Pachten sind daher höher. In der empirischen Überprüfung der möglichen Bedeutung der verschiedenen Erklärungs-hypothesen für die Erklärung von Pachtpreisunterschieden werden Daten auf Landkreisebene genutzt. Es werden drei Regressionsmodelle geschätzt, jeweils ein Modell für die alten und die neuen Länder und ein gemeinsames. Im gemeinsamen Modell werden getrennte Achsenabschnitte für Ost und West und unterschiedliche Koeffizienten für die einzelnen Parameter geschätzt, so dass der jeweilige Erklärungsbeitrag direkt verglichen werden kann. Im Ergebnis zeigt sich, dass die Pachtpreise im Westen sehr stark durch den Anteil eigener Fläche an der gesamten bewirtschafteten Fläche sowie durch die Betriebsstruktur in einem Landkreis bestimmt werden. Die Ergebnisse legen dadurch nahe, dass der Agrarstrukturwandel hier in Referenz zu Vorhersagen neoklassischer Modelle verzögert verläuft. Die sehr viel höheren Produktionsintensitäten im Westen müssen dann nicht alleine durch höhere Lage- und Bonitätsrenten erklärt werden, sondern ergeben sich auch aus der Notwendigkeit, mit wenig Fläche ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Die Höhe der Pachtpreise im Osten wird ganz überwiegend durch die Ertragsmesszahl (EMZ) bestimmt. Strukturelle Bedingungen oder die Intensität der Produktion spielen nur eine untergeordnete Rolle. Zwei Interpretationen sind denkbar. Zum einen könnte die Orientierung an der EMZ, also der Bonitätsrente, der Ausdruck eines funktionierenden Marktes sein, da in den Kreisen der neuen Länder aufgrund fehlender Agglomerationseffekte die Lagerente eine geringere Rolle spielt und die Strukturen schon weitgehend optimiert sind. Die niedrigeren Pachten wären dann in erster Linie Ausdruck der geringeren Produktionsintensitäten. Es könnte aber auch sein, dass die fast ausschließliche Orientierung der Pachtpreise an der EMZ Ausdruck fehlender Markttransparenz und eines gestörten Wettbewerbs ist, so dass die Marktteilnehmer sich in erster Linie an institutionell vorgegebenen Richtwerten orientieren. In den Ergebnissen gibt es außerdem schwache Hinweise auf den Pachtpreis senkenden Einfluss der Marktmacht großer Betriebe. Das gemeinsame Modell für Ost und West zeigt, dass der Einfluss der Bestimmungsgründe auf den Pachtpreis überwiegend nicht linear ist. Die Wirkung der meisten Einflussgrößen ist stärker im Westen, der durch höhere Werte mit Blick auf die meisten Indikatoren geprägt ist. Nach dem Ergebnis des linearen Schätzmodells wären daher die Pachtpreise nach den West-Koeffizienten zu den Bedingungen des Ostens negativ. Da das nicht wahrscheinlich ist, muss eine Abhängigkeit der Schätzkoeffizienten von den erklärenden Variablen und damit Nicht-Linearität unterstellt werden. Die Pachtpreise im Westen sind zu hoch. Die höheren Pachtpreise dort lassen sich nicht alleine durch die höhere Lage- und Bonitätsrente erklären, sondern werden ganz wesentlich durch die geringe Dynamik des Agrarstrukturwandels mitbestimmt.

Suggested Citation

  • Margarian, Anne, 2008. "Sind die Pachten im Osten zu niedrig oder im Westen zu hoch?," Arbeitsberichte aus der vTI-Agrarökonomie 01/2008, Johann Heinrich von Thünen Institute, Federal Research Institute for Rural Areas, Forestry and Fisheries.
  • Handle: RePEc:zbw:vtiaba:012008
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